Deutsche Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte e.V.
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Geschichte der Segelschifffahrt

Ein Segelschiff ist laut Definition ein Schiff, das aufgrund seiner Segel durch die Windkraft bewegt wird. Eine Felszeichnung in der Nubischen Wüste (Teilwüste der Sahara im heutigen Sudan), die um ca. 5000 v.Chr. entstand, scheint der derzeit älteste bekannte Nachweis von Schiffen mit Segeln zu sein, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass es Segelschiffe seit mindestens 7000 Jahren gibt.

Die Galeone "Vasa", ein schiffbauliches Prestigeobjekt mit ursprünglich über 700 verbauten Schnitzstatuen, sank 1628 auf ihrer Jungfernfahrt wegen konstruktiver Mängel | Foto: Stephan Karraß

Alleine über die verschiedenen Segelschiffstypen, deren Aufbau und Klassifizierungen, wie auch über die Segelarten, Takelungen, Technik und Segelmanöver als Einzelschiff oder im Flottenverband sind Bücher und ganze Buchreihen verfasst worden.

Segelschiffe waren seit dem Altertum bis zum 19. Jahrhundert aus dem Hafenbild nicht wegzudenken und somit das wichtigste Verkehrsmittel für den Personen- und Gütertransport über längere Distanzen.

Bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts waren sie auch vorherrschender Schiffstyp in den Seestreitkräften und repräsentierten in Europa nicht selten in glorifizierender Weise die Staatsmacht, was sich oftmals am Bug mit der Galionsfigur und am Heckspiegel des Schiffes durch repräsentatives, allegorisches Schnitzwerk und bildhauerische, in barockem Stil gehaltenen Werke widerspiegelte.

 

Die bis zu 104 Geschütze tragende "HMS Victory" von 1765 erlangte Bekanntheit als Flaggschiff von Vizeadmiral Horatio Nelson in der Seeschlacht von Trafalgar (1805) | Foto: Stephan Karraß

Fährt man heute nach Dundee (dort liegen die „HMS Unicorn“ und „RSS Discovery“), Stockholm ("Vasa"), Lelystad ("Batavia" und "De Zeven Provinciën"), Portsmouth ("HMS Victory", "HMS Warrior"), Hamburg ("Rickmer Rickmers" und "Peking") oder anderswo auf der Welt, um sich dort die Originale oder Nachbauten der großen Segelschiffe des 17., 18., 19. oder 20.  Jahrhunderts anschauen, erfasst einen maritim interessierten Betrachter eine Faszination in Bezug auf die Komplexität und Schönheit dieser Schiffe. Auch lässt sich diese Faszination über viele zeitgenössische Gemälde und Zeichnungen erlangen, über die sich der Phänotypus wie auch die Besonderheit eines bestimmten Segelschiffes erfassen und beurteilen lässt, sofern der Künstler hier sehr sorgfältig, fachmännisch und wahrhaftig tätig war.

Mitte des 19. Jahrhunderts läutete das langsam aufkommende Dampfschiff das Ende der Segelschiffära ein. Obwohl Segelschiffe in der Handelsschifffahrt ihre Bedeutung mittlerweile völlig verloren haben und diese auch in den Seestreitkräften lediglich noch einen Ausbildungs- und Repräsentationszweck erfüllen, haben sie eigentlich bis heute nichts an ihrer Faszination verloren: Viele Windjammerparaden, Hafenfeste und Veranstaltungen haben oftmals erst durch die Großsegler einen besonderen maritim-historischen Charakter.

Brigg "Mercedes", Bj.1957/2003-2005 Der Rumpf der niederländischen Mercedes (Fertigst. 2005) stammt von einem 1958 gebauten Fischereifahrzeug, das vollständig entkernt und anschließend zwei Jahre lang als Brigg neu aufgebaut wurde | Foto: Stephan Karraß

Mittlerweile denken Schiffskonstrukteure der Handelsschifffahrt auch wieder über Segeleigenschaften ihrer Schiffe nach, um Treibstoff einzusparen. Angefangen bei riesigen Gleitschirmen, die bei günstigen Winden am Schiff befestigt werden können, über in den 1920er-Jahren entwickelte und gerade wiederentdeckte Flettner-Rotoren bis hin zu weit hochgezogenen, leicht verwinkelten Seitenwänden der Frachtschiffe, die satellitengestützt durch günstige Winde geführt werden sollen und somit bei bestimmten Windrichtungen genügend Angriffsfläche für den Wind und somit dann auch Vortrieb entwickeln können (siehe z.B. Vindskip). Auch gibt es erste Entwürfe von Containerschiffen mit Masten, die ihre Segel auf Knopfdruck entfalten können (siehe z.B. Fairtransport Ecoliner).

Die in Lübeck-Travemünde liegende Viermast-Stahlbark Passat von 1911 ist eine der vier noch existierenden legendären "Flying P-Liner" der Hamburger Reederei F. Laeisz | Foto: Stephan Karraß

Das Thema Segelschifffahrt in der Handelsmarine bekommt somit wieder etwas Aufwind und auch neue Gesichtszüge.

Auch neue oder zu Segelschulschiffen umgebaute alte Schiffsrümpfe sowie Kreuzfahrtschiffe mit Segelantrieb sind weiterhin auf den Weltmeeren vertreten und werden neu gebaut, so dass das Thema Segelschifffahrt dann doch präsenter ist, als es den Anschein hat.

Das Segelschulschiff AMERIGO VESPUCCI der italienischen Marine 2018 im Hamburger Hafen | Foto: Stephan Karraß

In etlichen Kriegsmarinen ist erfreulicherweise das Thema Segelschifffahrt nicht ausgestorben, sondern wird traditionell weitergeführt, obwohl im Zeitalter von U-Booten und Flugzeugträgern Segelkriegsschiffe in der Kriegsführung bzw. Verteidigungsstrategie längst keine Rolle mehr spielen. In der Regel sind dies Segelschulschiffe, die die Weltmeere bereisen und als friedlicher Repräsentant der eigenen Marine fungieren, während an Bord Soldaten seemännisch ausgebildet werden. Mitunter sind solche Schönheiten wie die Amerigo Vespucci darunter, aber auch die Deutsche Marine pflegt ihre Segeltradition und bemüht sich darum, diese auch zukünftig weiterzuführen.

 

Wir sind gespannt auf die zukünftige Entwicklung der Segelschifffahrt in der zivilen und militärischen Schifffahrt und haben dabei stets auch die historische Segelschifffahrt im Auge, zu der sich hier und da immer mal wieder Parallelen ziehen lassen.  

 

Stephan Karraß

Wenn Sie sich eine Bilderserie eines "Open Ship" des Mexikanischen Segelschulschiffes CUAUHTÉMOC anschauen möchten, das unser Mitglied Albrecht Stender dokumentiert hat, dann klicken Sie bitte auf nachfolgende Schaltfläche:

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